ehem. Zentralwerkstatt von Grün & Bilfinger (heute Implenia) in MA

Das prächtige rote Backsteingebäude an der Diffenéstraße fällt sofort ins Auge. Nicht zu übersehen ist die eigenartige Inschrift, die sich über die gesamte Fassadenbreite erstreckt: „Der Anfang war schwer – doch schwerer das Ende”. Sie bezieht sich auf die Bauzeit im Ersten Weltkrieg von 1916 bis 1920 und die Nachkriegszeit. Es wurde von dem Bauunternehmen Grün & Bilfinger als Zentralwerkstatt gebaut und blieb fast 100 Jahre im Besitz des Unternehmens uns seiner Nachfolger. Seit 2. 3. 2015 gehört es dem Schweizer Baudienstleistungsunternehmen Implenia.

Vier Stockwerke hoch mit langen, in Vierergruppen zusammengefassten Fenstern, so hebt sich das Werkstattgebäude von den Funktionsbauten der Umgebung ab. Das Gebäude erstreckt sich entlang des Altrheins gut 100 Meter in die Tiefe. Von der Diffenébrücke aus ist erkennbar, dass das historische Gebäude in zwei Abschnitten gebaut wurde: Das 1904 errichtete Werkstattgebäude mit den großen Rundbogenfenstern ist das ältere, der linke (vordere) Teil mit dem schräg angeordneten Treppenhausfenstern kam 1920 hinzu. Vor beiden Bauten ist ein moderner Anbau in Weiß und aus Glas gestellt worden, der über Brücken ins Haus führt – ein behindertengerechter Zugang mit Aufzug.

Der ganze Gebäudekomplex ist trotz seines Alters in bester Verfassung –  ein langjähriges Vorzeigeprodukt einer renommierten Baufirma. Ebenso ist die 1904 gebaute 100 Meter lange, mit Eisenplatten befestigte Uferwand noch heute zu sehen, an der die schwimmenden Großgeräte der Firma festmachen konnten. Noch sehr lange war an der heute nicht mehr existierenden Werksmauer der große Namenszug des Vorläuferunternehmens aufgemalt: Grün & Bilfinger.

Das weitläufige Gelände rund herum ist Lagerfläche für Baugeräte und Bauutensilien. Im hinteren Bereich, der von der Straße nicht einzusehen ist, stand lange Jahre ein Kuriosum: eine ehemalige Holzbrücke aus Heidelberg, die – auf Stahlständer gestellt – als Dach für eine offene Lagerhalle genutzt wurde. Sie ist jedoch inzwischen abgebaut.

Nutzung (ursprünglich)

Zentralwerkstatt

Nutzung (derzeit)

Maschinentechnische Abteilung und Lager

Geschichte

Die Grün & Bilfinger OHG war ein auf Brücken- und Wasserbau spezialisiertes Unternehmen. Sie ist eine der drei Wurzeln der heutigen Bilfinger SE.

Schon um 1900 war Grün & Bilfinger mit Abstand das größte Bauunternehmen in Mannheim und Umgebung. Die Verwaltung befand sich in der Akademiestraße im Jungbusch. 1905 waren rund 3000 Arbeiter und 110 Angestellte für sie tätig. Von Beginn an war es nicht nur an vielen prominenten Stellen in Deutschland und seinen Kolonien aktiv, sondern ab den 1920er-Jahren weltweit unterwegs.

Im Ersten Weltkrieg erwirtschaftete Grün & Bilfinger – entgegen dem pathetischen Spruch auf der Fassade – bedeutende Gewinne, ebenso im Zweiten Weltkrieg (ausführlicher zur Geschichte von Bilfinger Berger siehe PDF-Datei zum Downloaden). Ab 1900 war Grün & Bilfinger führend mit dem Ausbau des nördlichen Ufers vom Mannheimer Industriehafen sowie der Diffenébrücke beauftragt.

1903 erwarben sie das Gelände direkt im neu erschlossenen Areal der Friesenheimer Insel. Auf dem 7.750 m² großen Grundstück nordwestlich der gerade erbauten Diffené-Brücke errichtete das Unternehmen seine eigene Werkstätte samt Lager und Schiffsanlegeplatz, denn es verfügte schon damals über mehrere Schwimmbagger, Elevatoren (Hebe- und Aufzugsvorrichtungen) Schleppboote und Schuten (kleine flache Schiffe ohne eigenen Antrieb).

Im Gebäude war die maschinentechnische Abteilung untergebracht. Dort wurden nicht nur die vorhandenen Geräte gewartet, sondern auch Sonderanfertigungen und Neukonstruktionen durch Maschineningenieure hergestellt. Das Gelände wurde in den folgenden Jahren mehrfach erweitert. So entstand 1912 eine Anlage zur Serienfertigung von Betonpfählen. Sie wurden über den Rhein bis zur Baustelle nach Tansania verschifft. Die Kolonialgeschichte Deutschlands hat auch im Industriehafen Spuren.

1916 bis 1920 kam der große Anbau hinzu, der heute den Komplex dominiert. Die Umnutzung der alten hölzernen Brücke zu einer bedeckten Lagerhalle ist nicht die einzige Weiterverwertung gebrauchter Materialien. So bauten sie nach dem Ersten Weltkrieg versuchsweise zwei Häuser und Bauhütten aus hölzernen Munitionskisten, die relativ lange in Betrieb waren.

1975 entstand aus der Fusion mit zwei weiteren Betrieben die Bilfinger + Berger Bauaktiengesellschaft. Jahr 2001 benannte sie sich in Bilfinger Berger AG um, der Baubereich wurde zurückgefahren, stattdessen konzentrierte sich das Unternehmen mehr auf Industrie-, Kraftwerks- und Immobilienservice. Dennoch war Bilfinger an mehreren spektakulären Bauprojekten beteiligt wie z.B. der Gotthard-Basis-Tunnel (1999 bis 2016 mit 57 km der längste Eisenbahntunnel der Welt), die Golden Ear Bridge in Canada (2006 – 2009), das Schiffshebewerk Niederfinow-Nord (2007 – voraussichtlich 2020), der Block 9 des GKM in Mannheim (2007 – 2015).

Seit 2010 stand Bilfinger mehrmals im Verdacht der Bestechung und anderer Unregelmäßigkeiten. 2012 wurde das Unternehmen in Bilfinger SE umbenannt. Ab 2014 gab Bilfinger dem Baubereich vollständig auf. In diesem Zug verkaufte Bilfinger den Ingenieurbaubereich an das Schweizer Baudienstleistungsunternehmen Implenia, das in Mannheim den Standort der ehemaligen Zentralwerkstatt übernahm.

Sei 2018 ist die Bilfinger-Zentrale in Neckarau in einem Neubau auf dem ehemaligen Vögelegelände. Bilfinger ist jetzt ein reiner Dienstleister für die Industrie.

Quellen:

Bernhard Stier, Martin Krauß: Drei Wurzeln – ein Unternehmen, 125 Jahre Bilfinger und Berger AG, Heidelberg 2005

Eigentümer
Implenia
Erbauer
Grün & Bilfinger
Bauzeit / Umbauten
1904, 1916-1920
Autor*in
Barbara Ritter
Letzte Änderung
Objektnummer
137
Adresse
Diffenéstraße 14
68169 Mannheim
Geo
49.517932, 8.466508
Zufahrt

Nächste VRN-Haltestelle: Friesenheimer Insel, Bastion
VRN-Fahrplanauskunft

THE PORT CONSTRUCTOR’S WORKSHOP

GRÜN & BILFINGER

In 1900, the City of Mannheim commissioned the firm Grün & Bilfinger OHG to develop the northern shore of the industrial harbour and build the Diffené Bridge. With over 3,000 employees, it was the largest construction company in the region.

In 1903, the company purchased land on the, newly acquired, inland island of Friesenheim. They built their own central workshop there, with a large amount of storage space for construction machinery and materials. They also built a large and extensive berth. This was necessary because the civil engineering company – which specialised in underwater engineering – owned several dredgers, floating elevators and other floating equipment for lifting and conveying materials.

The building was not only used for the maintenance of construction machinery and other equipment, but also for the construction of custom-made and newly designed devices. In 1912, a plant was built, on the site, for the mass production of concrete piles. These were shipped down the Rhine, destined for a building site in East Africa.

Between 1916 and 1920, Karl Wiener, an architect from Mannheim, designed and built a second building in the Classical style. This was directly attached to the brick building which had been built in the German Rundbogenstil (round-arch style). Written across the facade was the inscription “Der Anfang war schwer – doch schwerer das Ende“ (The beginning was hard – but the end was hardest). It refers to the First World War and the harsh post-war period. However, the War brought with it not only difficulties for the company, but also numerous profitable military contracts.

The buildings and the grounds are still used by the company which has traded under the name of Bilfinger SE since 2012.

IMAGES: The building complex has long been a showpiece of the renowned construction company. As a modern building, it „proclaims its purpose without frills“ as the City Planning Director Gustav Adolf Platz said in 1927. It was greatly admired at the time.

A photograph of the first workshop in 1904. Floating equipment can moor alongside the 100 metre long quay, which is fortified by iron plates.

Concrete piles, which were mass-produced at the industrial port, were shipped in 1912/1913 to Tanga, a town on the coast of present-day Tanzania. They were to be used for the expansion of the port in the former German colony. Other sites in the German colonies were occupied in the First World War by British and French troops and Grün & Bilfinger’s machinery was confiscated. In the background one can see the petroleum storage terminal which no longer exists.

The Mannheim civil engineering company Grün & Bilfinger, which specialised in bridge and water engineering, is one of the three historical roots of today’s globally operating Bilfinger-Konzern. The other two are Julius Berger Tiefbau AG and Berlinischen Boden-Gesellschaft.

Denkmalschutz
Nein
Barrierefrei
Ja