„Kunst am Bau” zeigt vernachlässigte Kunstwerke

Mannheimer Morgen

Ausstellung im Markthaus / Führungen vor Ort

Die gesamte Ausstellungswand im Markthaus an der Neckarauer Floßwörthstraße ist dicht mit großen quadratischen Detailaufnahmen von Mannheimer Kunstwerken bestückt. Die 60 Fotos stecken nicht in edlen Rahmen, sie sind auf strapazierfähige Planen gedruckt - Bauplanen für die „Kunst am Bau”. Es handelt sich um großformatige Fotos von Kunstwerken im öffentlichen Raum der 50er und 60er Jahre. Die Kunstwerke mussten nicht nur ein halbes Jahrhundert dem Wetter trotzen. Oft sind sie mit Müllcontainern halb zugestellt und verstaubt. Auch das zeigen einige Aufnahmen.

„Eigentlich ist es höchste Zeit, dass diese Werke wieder ins Bewusstsein gebracht werden”, betonte Dr. Andreas Schenk bei der Eröffnung der Ausstellung. Der Stadtbauschreiber des Mannheimer Architektur- und Bauarchivs berichtete, dass es Kunstwerke an Bauten seit der Antike gebe.

Als Programm zur Förderung von Künstlern durch öffentliche Aufträge sei es jedoch noch keine hundert Jahre alt. In der NS-Zeit sei die Idee ideologisch vereinnahmt worden. Nur linientreue Künstler seien zum Zuge gekommen. Ein Werk von Rudi Baerwind sei damals kurzerhand übertüncht worden, weil es nicht heroisch genug gestaltet war.

„Die Werke beschreiben auffallend oft Hafenszenen und viele arbeitsbezogene und typisch städtisch-soziale Motive”, betonte Hilde Seibert vom Verein Rhein-Neckar-Industriekultur, die zusammen mit Barbara Ritter die Fotografien gemacht hat. Zu finden sind sie an Häuserfronten, in den Eingangshallen von Behörden, aber auch in Betrieben und an tristen Orten wie in der Binnenhafenstraße, wo man sie kaum erwartet.

Die Ausstellung geht bis Jahresende und ist so konzipiert, dass noch weitere Fotos - auch von Besuchern - dazukommen können. Außerdem soll es Führungen zu den Werken vor Ort geben. Die erste startet am Donnerstag, 25. Oktober, um 16 Uhr in B 1,1-2 im Treppenhaus der Handwerkskammer vor dem Wandbild aus Naturstein und Glasmosaik von Ernst W. Kunz. Sie endet gegen 19 Uhr im Hof des Finanzamts bei der Keramikkunst von Tutti Veith mit einem Erzählcafé in der Coffee-Lounge in L3, 9. Anmelden können sich Interessenten unter www.meier-online.de. Die Kosten betragen zehn Euro zuzüglich Gebühren.

© Mannheimer Morgen, Freitag, 19.10.2012

Quelle: www.rhein-neckar-industriekultur.de/presse/kunst-am-bau-zeigt-vernachlaessigte-kunstwerke