Jede einzelne Aufnahme steht für sich

Foto: Jo Goertz

Auf den Betrachter wartet im Technoseum ein Gesamtkunstwerk in 58 Teilen. Foto: AfP Asel

Insgesamt 58 Bilder von 14 bekannten Fotografen aus der Region, darunter auch das von Jo Goertz (l.), sind bis 24. Oktober in der Ausstellung „Industriehafen im Focus“ im Technoseum zu sehen. Foto: vaf

14 bekannte Fotografen aus der Region haben den Industriehafen aus ganz besonderen Blickwinkeln betrachtet

Von Jan Millenet

Er hat viele Gesichter. Er ist nicht nur schmutzig, er glänzt auch mit unzähligen schönen Ecken und Details. „Der Industriehafen ist ein wichtiges Stück Kunst- und Architekturgeschichte“, sagte die Kulturjournalistin Annika Wind bei der Vernissage zur Fotoausstellung „Industriehafen im Focus“. 14 Fotografen aus der Region haben den Hafen aus ganz besonderen Blickwinkeln betrachtet, haben dort Menschen getroffen, marode Mauern abgelichtet oder mit der Linse Farbtupfer eingefangen, die man gerne übersieht. Und damit haben sie den über 100 Jahre alten Industriehafen zu einem Gesamtkunstwerk gemacht.

Insgesamt 58 Bilder werden im Technoseum bis 24. Oktober präsentiert. Lutz Walzel, Gerhard Vormwald, Annette Schrimpf, Jo Goertz oder Thomas Rittelmann sind nur einige Namen, die sich hinter den Aufnahmen verstecken. Mit dem 2013 verstorbenen Hasselblad- Preisträger Robert Häusser mischt sogar ein international bekannter Künstler mit.

Die Fotos zeigen Silhouetten, Panoramen, Farb- und Lichtspiele, Romantik, Idylle, arbeitende Menschen, Schein und Sein. Da wird bei Barbara Straube ein verlorenes, fast zerfetztes, rotes Plüschherz zum Blickfang zwischen Pflanzengrün und grauem Stein. Da avancieren bei Konstantinos Simeonidis’ Langzeitbelichtungen Brücken und Mühlen zu nächtlichen, fast unwirklichen Lichtobjekten. Da entstehen bei Rittelmanns Gleisaufnahmen wahre Stillleben.

Ob mit Spiegelreflex- oder Lochkamera aufgenommen, jede einzelne Aufnahme steht für sich. Alle zusammen jedoch formen ein Ganzes, das den Mannheimern vertraut ist, aber auch denjenigen, die freiwillig oder unfreiwillig den Hafen streiften. „Das Gegensätzliche inspirierte wohl viele Fotografen im Hafen“, mutmaßte Wind. Aber vielleicht kommt man gerade in so einer Gegend auch nicht drum herum. Der Industriehafen lebt nach wie vor. Altes wird abgerissen, Neues entsteht. Mauern verrotten oder werden edel saniert. Diesen Alltag haben die Fotografen eingefangen, ganz subjektiv. Man könnte sie als eine Einladung verstehen, den Industriehafen auf eigene Faust zu erkunden.

Das ist es auch, was der Verein Rhein-Neckar-Industriekultur will. Vor Kurzem erst hat er seine „Wege zu Industriekultur“ offiziell eingeweiht, ein Rundgang durch den Hafen mit großen Tafeln und Informationen über wichtige historische Gebäude, die sich teilweise auch in der Fotoausstellung wiederfinden.

Diese ist im Rahmen der Rundwegseröffnung entstanden und ist eine gute Ergänzung zu den Entdeckungstouren durch den Binnenhafen. Denn auf den Fotos begegnet der Betrachter zum Teil Dingen und Menschen, die es so nicht mehr oder selten zu sehen gibt: der letzte Wärter der Kammerschleuse beispielsweise, aufgenommen von Elsa Hennseler-Etté. Oder in die Luft steigende Herzluftballons, die Harald Priem vor einem industriellen Gebäudeklotz eingefangen hat und die eine gewisse Ironie mit ins Spiel bringen. Industriekultur sei ein Thema, das in die Region gehört, meinte Technoseumsdirektor Prof. Dr. Hartwig Lüdtke. Und die Fotografien zeigen, dass Industrie bei weitem nicht nur Dreck ist, sondern künstlerische Facetten beherbergt, die entdeckt werden wollen.

Info: Die Fotoausstellung „Industriehafen im Focus“ im Technoseum kann bis 24. Oktober täglich von 9 bis 17Uhr besucht werden.

Quelle: www.rhein-neckar-industriekultur.de/presse/jede-einzelne-aufnahme-steht-fuer-sich