Eichbaum Stammhaus

P 5,9-10
68161 Mannheim

Der zweigeschossige Putzbau trägt ein Walmdach mit kleinen Einzelgauben. Zur Fressgasse nach Q 5 weist er neun Fensterachsen, an der Seitenstraße nach P 6 elf Fensterachsen auf. Die Architekturglieder wie Sockel, Fenster- und Türgewände sowie Ecklisene sind aus Sandstein. Die Fenster weisen barocke Ohrenrahmen auf. Der Zugang an der Fressgasse entstammt dem Wiederaufbau des Hauses. Hier befanden sich ursprünglich zwei Fenster. Bis zur Kriegszerstörung hatte das Eichbaum-Stammhaus in der Seitenstraße auch nicht die heutige Ausdehnung, sondern das Gebäude endete auf dem Grundstück P 5,9 am Gaststätteneingang mit dem gesprengten Giebel und Wappen. Erst 1955-59 erweiterte man die Gaststätte nach Plänen des Mannheimer Architekten Emil Gern auf dem nun hinzugekauften Grundstück P 5,10 um vier Achsen in barockisierender Form. Ein weiterer Hauseingang als Zugang zu den Wohnungen im ersten Obergeschoss und Dachgeschoss kam an der Grundstücksgrenze nach P 5,11 in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinzu.

In der Barockzeit hatte das Gebäude ein höheres Walmdach, das 1929 durch ein Mansarddach mit Zwillingsgauben ersetzt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg entschied man sich beim Wiederaufbau - vermutlich aus Mangel an Baumaterialien - für ein flaches Walmdach, dessen Charakteristik heute die in der Unteransicht herausragenden Sparrenköpfe sind, ähnlich einem Konsolfries. 1929 kam es zu weiteren umfangreichen baulichen Maßnahmen am und im Gebäude (Abbruch der Innenhof-Galerien, Einbau neuer Treppen, Überbauung des Innenhofes, Grundrissänderungen, neue Geschossdecken aus Eisenbeton), so dass aus dem 18. Jahrhundert heute nur noch der Gewölbekeller und ein Teil der Außenwände vorhanden sind.

Nutzung (ursprünglich)

Brauerei und Gaststätte

Nutzung (derzeit)

Gastronomie (Argentinisches Steakhaus)

Geschichte

Das Eichbaum-Stammhaus, die Keimzelle der heutigen Eichbaum-Brauerei, ist die älteste noch existierende Gastwirtschaft in den Quadraten und kann auf eine nunmehr 300jährige Tradition zurückblicken. Die Brauereiwirtschaft "Zum grünen Eichbaum" ist in P 5,9 seit dem Jahre 1717 belegt. In dem Jahr hat der aus Hanau gebürtige Braumeister Johannes Blanckart/Plancard das Grundstück erworben und die Schildgerechtigkeit für das Brauen und den Ausschank von Bier von Q 5,23 hierher verlegt. Gegenüber in Q 5,23 hatte der aus Richebourg in der Picardie stammende Brauer Jean du Chêne/Chaine/Quaine (Hans von der Eich) bereits mit Konzession vom 3. Oktober 1679 die Brauereiwirtschaft „Zum Aichbaum” in Anlehnung an seinen Namen betrieben. Auch Johannes Blanckart und seine Nachkommen brauten süffiges Bier. Das Geschäft lief so gut, dass das Grundstück in P 5 durch Arrondierung im Jahre 1753 annähernd quadratisch erweitert werden konnte. Auf das Jahr 1753 geht vermutlich das noch heute stehende Gebäude zurück, das gewissermaßen die Keimzelle für die industrielle Expansion der Eichbaum-Brauerei im späten 19. Jahrhundert ist. Im Jahre 1758 erhöhte der damalige Eigentümer, Johann Paul Blanckart, das Haus mit einem zweiten Geschoss und versah es mit einem Walmdach.

Von 1827 bis 1864 betrieb Heinrich Forschner die Brauerei- und Schankwirtschaft. Er legte 1845 mit dem zusätzlichen Erwerb einer Fläche im damaligen 5. Sandgewann, der heutigen Käfertaler Straße 166, die Basis für die spätere Übersiedlung der Firma nach Mannheim-Wohlgelegen an den heutigen Standort. Die Witwe Anna Maria Forschner verkaufte im Jahre 1865 den gesamten Besitz an die Brüder Edmund und Christoph Hofmann, unter deren Leitung der Brauereibetrieb im Jahre 1875 wegen der besseren betrieblichen Weiterentwicklung jenseits des Neckars in die Käfertaler Straße verlegt wurde (objekte/privatbrauerei-eichbaum-in-mannheim). 1881 erfolgte die Umwandlung des Unternehmens in eine Aktiengesellschaft. Beide Brüder stammten aus Siegelsbach im Kraichgau. Im Oktober 1892 zog sich Christoph Hofmann nach Heidelberg zurück. Eduard Hofmann, nach dem Rückzug des Bruders Alleinvorstand, verstarb im Jahre 1900 und wurde auf dem Mannheimer Hauptfriedhof bestattet. Sein Sohn Edmund Hofmann jun. übernahm nun die Geschäftsleitung und trat noch 1923, ein Jahr vor seinem Tode, in den Aufsichtsrat der Wormser „Werger-Brauerei AG“ ein. Ihm folgte Anton Lindeck nach.

In P 5,9 wurde nach Verlegung der Firma nach Wohlgelegen der Ausschank verpachtet, aber kein Eichbaum-Bier mehr gebraut. Das Gebäude blieb noch bis zum Beginn des 21. Jahrhunders im Besitz des Unternehmens. Nach umfangreichen baulichen Veränderungen ab 1929, bei denen u.a. der ehemalige Innenhof überbaut, das Innere eine Eisenbetonkonstruktion erhielt und das Walmdach durch ein Mansarddach ersetzt wurde, brannte das Gebäude schon kurz darauf im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern nieder. 1955-59 erfolgte der Wiederaufbau durch den Mannheimer Architekten Emil Gern mit neuen Geschossdecken und Innentreppen aus Stahlbeton. Das Dach wurde nun in einer niedrigen ca. 40° geneigten Walmkonstruktion wiederaufgebaut. Die barocke Seitenfassade Richtung P 6 wurde in neobarocker Form um das ehemalige Nachbargrundstück P 5,10 ca. 10 m erweitert und mit einem zweiten Eingang ausgestattet. Erst beim Wiederaufbau entstand an der Fressgasse der heutige zusätzliche Eingang zum Schankraum. Im Jahre 2014 kam die bisher letzte Sanierung mit Einbau eines Aufzugs und Aufbau einer weiteren Gaube im Eckbereich zur Ausführung.

Erbauer
Familie Blanckart
Architekt
Wiederaufbau 1955-59 Emil Gern
Bauzeit / Umbauten
1753, 1758, 1929-34, 1955-59, 2014
Quellen:
  • Adolf Drüppel: Eichbaum seit 1679, Mannheim 1992
  • Die Friedhöhfe in Mannheim, Wegweiser zu den Grabstätten bekannter Mannheimer Persönlichkeiten, Mannheim 1992, S. 143 (Edmund Hofmann)
  • Adolf Drüppel/Michael Caroli: Die Eichbaum-Chronik. 333 Jahre Eichbaum-Geschichte, Ubstadt-Weiher 2012
  • Marchivum Zug. 20/1971 Nr. 374, Zug. K5/1975 Nr. 1173, Zug. R5/1975 Nr. 1039
Denkmalschutz
Ja
Zufahrt

ÖPNV Straßenbahnlinien 2, 3, 4, 6 (Haltestelle Strohmarkt)

Öffnungszeiten

wie Gaststätte

Barrierefrei
Ja
Autor*in
Monika Ryll
Letzte Änderung

Quelle: www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/eichbaum-stammhaus