Füllfederhalter-Museum in Heidelberg

Vor 60 Jahren konnte man als Schüler schon mal vor die Tür gestellt werden, wenn man mit dem Deckel vom Tintenfässchen rumgeklappert hatte. Heute steht eine hölzerne Schulbank mit dem eingebauten Tintenfässle draußen vor der Seitentür des Alten Handschuhsheimer Rathauses, als Zeichen, dass das Füllfederhaltermuseum geöffnet hat.

Im Herbst 2016 eröffnete der Sammler Thomas Neureither mit Unterstützung des Stadtteilvereins dieses sehr spezielle Museum. Wie kommt man auf so eine Idee? Heidelberg – und speziell der Stadtteil Handschuhsheim - war von ca. 1900 bis in die 1930er Jahre ein Zentrum der europäischen Füllfederhalterindustrie. Thomas Neureithers Großvater hat bei dem größten der damaligen Hersteller gearbeitet, bei der Firma Kaweco mit ihren ca. 1200 Beschäftigten. Nach deren Konkurs im Jahr 1929 hat er sich mit einer Werkstatt für Füller-Reparatur selbstständig gemacht.

Ringe für VerschlusskappenUnd so ist die nachgebaute kleine Werkstatt des Seniors ein lebendiger Teil der Ausstellung: mit den Maschinen die noch funktionieren, mit Stäben und Röhrchen von bunt schillernden und marmorierten Materialien wie z.B. Celluloid, aus denen die Füllergehäuse gedreht wurden, mit goldenen Federn und Kästen voller Ringe für die Verschlusskappen.

In der Halle sind die Exponate von etlichen Heidelberger Füllerherstellern versammelt: Füller für alle Gelegenheiten – nicht nur die einfachen Modelle für die Schule, sondern auch die der Extraklasse für die Unterzeichnung bedeutender Dokumente, Designer-Ikonen, rare Sammlerstücke oder Füller z.B. für die Reise. Außerdem Tinten, Tintenfässer, Werbung, Reklamemarken.

Die ehemalige Feuerwehrgerätehalle ist vorzüglich saniert: mit teilweise sichtbaren Sandstein-Mauern und –Bodenplatten, groß genug für eine Schulklasse.

Neureither erklärtDoch das Beste ist Thomas Neureither selbst, mit seinen tausend Geschichten und einem so tiefen Wissen um alle Themen rund um die kleinen Schreibgeräte. Es ist unglaublich, was es da alles zu erzählen gibt. Und immer wieder packt einen die Nostalgie. Denn auch wenn man heute nur noch mit der Tastatur und „Kuli“ zu tun hat, irgendwann hat man auch mit seinem eigenen Füller schreiben gelernt.

Von den über 40 Betrieben der Füllerindustrie in und um Heidelberg sind nur zwei – aber umso bedeutendere - Welt-Firmen übrig geblieben: die C. Josef Lamy GmbH in Wieblingen und die Peter Bock AG, Hersteller vor allem von Federn in Handschuhsheim. Von den alten  Firmen wie Mercedes, Reform, KAWECO, OSMIA, Böhler ist leider außer einigen Gebäuden nicht mehr viel zu sehen. Eine Ausnahme ist das stattliche Firmengebäude von KAWECO in der Dossenheimer Landstraße Nr. 98, das später von der Firma H. Hebborn und Co, „Fabrik für Füllhalter und Füllbleistifte“ übernommen wurde. Mit seinen imposanten in Stein gehauenen Füllern am Eingang dient das Gebäude inzwischen als Textilkaufhaus.

Nutzung (ursprünglich)

Handschuhsheimer Rathaus, Feuerwehrhalle

Nutzung (derzeit)

Museum

Geschichte

Mehr zur Geschichte der Füllfederhalter-Industrie in Heidelberg finden Sie unter der Objektbeschreibung des ehemaligen Fabrikgebäudes der Kaweco und der Fa. Hebborn in der Dossenheimer-Landstraße 98, in Heidelberg-Handschuhsheim.

Autor*in
Barbara Ritter
Letzte Änderung
Objektnummer
320
Adresse
Dossenheimer Landstraße 5
69121 Heidelberg-Handschuhsheim
Geo
49.42784, 8.68734
Zufahrt

Gegenüber der Tiefburg.
Eingang an der Seite des Alten Rathauses von der Mittleren Kirchgasse

Öffnungszeiten

Jeden 2. und 4. Sonntag im Monat von 15 bis 17 Uhr oder nach Vereinbarung mit der Geschäftsstelle des Stadtteilvereins (Tel. 06221-409 584, Dienstag und Freitag von 16:30 - 18:30 Uhr).

Barrierefrei
Ja