Beschilderter Rundweg durch Industriehafen

Mannheimer Morgen

Bezirksbeirat beschäftigt sich mit dem Projekt „Wege zur Industriekultur“ / Mehr Informationen über Bauwerke und Panoramablicke

Von unserem Redaktionsmitglied Waltraud Kirsch-Mayer

Wege zur Industriekultur als beschilderte Rundroute im Mannheimer Industriehafen – dieses dem Bezirksbeirat Neckarstadt-West vorgetragene Konzept erhielt nicht nur einhelliges Lob. Es ließ auch Begeisterung aufblitzen. Stadträtin Gabriele Thirion-Brenneisen (Grüne), die am Abend vor dem Tag der deutschen Einheit die Sitzung leitete, hob die breite Verankerung des Vorhabens in der Stadt hervor: Die kommunale Verwaltung, insbesondere, Kulturamt nebst Stadtplanung, und das Stadtarchiv haben gemeinsam mit dem Verein Rhein-Neckar-Industriekultur das von der SPD-Gemeinderatsfraktion initiierte Rundweg-Projekt der besonderen Art weiterentwickelt.

Wichtiges Erbe

Das Konzept stellte Dr. Andreas Schenk vom Stadtarchiv vor. Die positive Resonanz auf Mannheims Stadtpunkte-Tafeln belege, so Schenk, dass bei Bürgern wie Besuchern das Interesse groß ist, in Geschichte einzutauchen und dabei Geschichten zu erfahren. Dieses Erfolgsrezept will die Industriehafen-Rundroute jedoch nicht kopieren – es sollen im wahrsten Sinne des Wortes neue Wege beschritten werden. Hauptanliegen ist, den zentralen Ort der industriellen Entwicklung an Rhein und Neckar sichtbar machen. Auch als kulturelles Erbe. Entlang der Industrie-, Insel- und Friesenheimerstraße gibt es 27 Standortvorschläge für Objektschilder. Dazu kommen sieben größere Panoramatafeln – jeweils dort, wo der Blick nicht nur einzelne Bauten, sondern Herzstücke der Industrielandschaft erfasst.

Insgesamt 34 Stationen

Der geplante Rundweg soll mit dem ersten Mannheimer Elektrizitätswerk beginnen, zu dem Industriehallen und ein Jugendstilanbau gehören. Der erste Panoramastandort bietet sich bereits an der Inselstraße 2 (Ufer vor dem BMW-Händler) an – weil an dieser idyllischen Stelle der Blick auf die Ölmühle und alle Mühlen des Westufers fällt. Die etwas weiter entfernte Kammerschleuse ermöglicht sogar in zwei Richtungen zu schauen.

Aus den insgesamt 34 Rundweg-Stationen seien einige Bauwerke und Blickpunkte beispielhaft herausgegriffen. Klar, dass jene Mühlen vorgestellt werden, die einst für Mannheim ein riesiger Wirtschaftsfaktor bedeuteten - sei es die Pfalzmühle mit ihrer beeindruckenden Architektur aus der Gründerzeit und mit Jugendstilelementen oder die moderne Hildebrand Mühle, die noch einen gründerzeitlichen Siloanbau aufweist. Nach wie vor imposant: die Diffenébrücke mit ihrer Hebekonstruktion. Hier drängt sich ein Rundblick geradezu auf, weil die Nordseite des Industriehafens, der Altrhein und seine Anlieger sichtbar werden. Den Blick schweifen lassen, das ist auch am Trafohaus möglich: Hier kann das Auge den Luzenberg-Wasserturm, das Kohlemahlwerk (Musikinsel), die Hildebrand-Mühle, die ehemalige Ölraffinerie Brillux und das Lagerhaus (einst Kaffeerösterei) wahrnehmen. Machen wir einen Sprung zu dem letzten Drittel des Rundwegs: Die Route führt beispielsweise am Haus des Roten Kreuzes, ursprünglich eine Lackfabrik, an der ehemaligen Badischen Eisenbahnverwaltung, an dem Wohnheim in der Alten Konsumzentrale und an dem Backsteingebäude der Huber-Mühle vorbei. Bei der Schluss-Station (Industriestraße 2) kündet die als Gewerbepark und Lager genutzte ehemalige Fermentieranlage für Tabak von einer einst großen Branche in Mannheim.

Bei der Sitzung zeigten sich nicht nur Bezirksbeiräte quer durch die Parteien von dem Engagement des Vereins für Industriekultur beeindruckt – auch die beiden als Gäste erschienenen Stadträte Reinhold Götz (SPD) und Konrad Schlichter (CDU). Die frühere Gewerkschaftssekretärin Hilde Seibert, die sich mit dem Verein dafür einsetzt, die frühe Industrie samt der Leistungen ihrer Pioniere als „Identität stiftend und Image bildend” zu pflegen, zeigte sich bei der Sitzung „tausendprozentig überzeugt”, dass ein beschilderter Rundweg durch den Industriehafen bestens bei den Menschen ankommen wird. „Bei den Exkursionen, die wir bieten, haben wir meist mehr Anmeldungen als Kapazitäten”, schilderte sie das Interesse.

Und wie geht es nun weiter? Das Beschilderungsprojekt, für das im laufenden Haushalt 40 000 Euro zur Verfügung stehen, geht am 10. Oktober in den Kulturausschuss und am 22. Oktober in den Gemeinderat. Ein Logo wurde bereits entwickelt. „Wege zur Industriekultur” sollen im September 2014 beim Tag des offenen Denkmals präsentiert werden.© Mannheimer Morgen, Freitag, 04.10.2013